Preisträger 2020/2021: LUCHA im Kongo
Der Michael-Sattler-Friedenspreis 2021 des Deutschen Mennonitischen Friedenskomittees (DMFK), so teilte es DMFK-Geschäftsführer Dr. Jakob Fehr auf einer Tagung im Mennonitischen Friedens-zentrum Berlin mit, geht an eine Gruppe gewaltfreier Aktivisten und Aktivistinnen in der Demokratischen Republik Kongo. Unter dem Namen LUCHA setzen sie sich ein für Menschenrechte und demokratische Beteiligung, soziale Gerechtigkeit und ehrliche Politik (keine Korruption), Ökologie und Gewaltfreiheit.
LUCHA ist eine Abkürzung für „Lutte pour le changement“ (Kampf für Veränderung). LUCHA startete Mitte Juni 2011 als Jugendbewegung in der östlichen Stadt Goma und verbreitete sich schnell auch in den Westen des Landes. In gewaltfreien Kampagnen weist LUCHA hin auf verbreitete Übel in Politik und Gesellschaft. Dabei soll sich die Zielsetzung der Aktionen, wie ehrliche, d.h. korruptionsfreie Politik, gewaltfreie Konfliktlösung, Beteiligung der Zivilgesellschaft, ökologisches Wirtschaften schon in den Methoden und Aktionsformen abbilden.
Zu den ersten landesweit beachteten Aktionen gehörte die Vorbereitung und Begleitung der Präsidenten- und Parlamentswahlen 2011. Es ging darum, dass alle Wählerinnen und Wähler, besonders solche, die zum ersten Mal wählen durften, als Wahlberechtigte registriert wurden. Andere Aktionen drehten sich um sauberes Trinkwasser und die vielerorts untragbare Müllsituation. Nicht nur im Ausgangsort Goma, sondern in vielen anderen größeren Städten der DR Kongo ist LUCHA aktiv und setzt sich ein für die Beteiligung und Mitverantwortung der einfachen Leute in ihren grundlegenden Bedürfnissen und Rechten.
Viele der in LUCHA Engagierten sahen sich immer wieder staatlicher Repression ausgesetzt, dazu zählten willkürliche Verhaftungen und Gefängnisaufenthalte. Einer der führenden Aktivisten, Luc Nkulula, starb in der Nacht vom 9. auf den 10.6.2018, im Alter von 33 Jahren, als sein Haus niederbrannte. Beobachter zweifeln an der offiziellen Version eines Unfalltodes.
Der Michael-Sattler Friedenspreis 2021 konnte pandemiebedingt nicht wie geplant am Hinrichtungstag Sattlers vor Ort in Rottenburg vergeben werden. Stattdessen gab es eine gut besuchte Online-Veranstaltung mit Teilnehmern aus Afrika, Europa, Nord- und Südamerika. Trotz Schwierigkeiten in der Zoom-Verbindung konnte auch Stewart Muhindo als Vertreter von LUCHA daran teilnehmen. Leider hinderten die Verbindungsprobleme die Teilnahme von Josèphine Azama, die ebenfalls von Lucha delegiert war. Die Verleihungszeremonie gedachte auch des ehemaligen Mitarbeiters des Deutschen Mennonitischen Friedenskomitees Michael J. Sharp, der 2017 bei einem Friedenseinsatz im Kongo ums Leben gekommen war. Sarah Nahar aus den USA, lebenslange Freundin von „MJ“, sprach bewegende Worte der Erinnerung.
Die Laudatio auf LUCHA hielt Maria Biedrawa, Trainerin in gewaltfreiem Handeln, durch zahlreiche Besuche und Einsätze mit Zentralafrika vertraute Mitarbeiterin des französischen Zweigs des Internationalen Versöhnungsbundes. Grußworte des Rottenburger Oberbürgermeisters Stephan Neher, sowie von Vertretern der örtlichen evangelischen und katholischen Kirchengemeinden würdigten die Friedens- und Menschenrechtsarbeit von LUCHA. Musik aus dem Kongo, Fotos, Videos und Gebet rundeten die Veranstaltung ab.
Zwei Jahre nach der Preisverleihung sollen die Delegierten von LUCHA nun nach Europa kommen. Für Mai/Juni 2023 ist eine Rundreise mit Stewart Muhindo und Josèphine Azama geplant. Auch Rottenburg steht auf dem Reiseplan.
Der Michael-Sattler-Friedenspreis wurde 2006 zum 50jährigen Bestehen des Deutschen Mennonitischen Friedenskomitees (DMFK) erstmals vergeben. 2021 wurde der Preis zum sechsten Mal verliehen. Er ist benannt nach dem Täufer Michael Sattler. Er wollte den damaligen Erzfeinden des „christlichen“ Abendlandes, den osmanischen Türken, nicht mit militärischer Gewalt, sondern mit Gebet und Feindesliebe begegnen. Am 21.05.1527 wurde er in Rottenburg am Neckar zum Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilt und nach grausamer Folter verbrannt.
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